Karrer T.
Ärztetarife - Feilschen einst wie heute
Schweizerische Ärztezeitung No. 27 · 2025, S. 56-58
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Früher bestimmten die Patientinnen und Patienten das ärztliche Honorar. Heute regelt der TARMED die Vergütung, bald übernimmt der TARDOC. Ein Rückblick auf das zähe Ringen zwischen Medizin, Politik und Wirtschaft um eine faire Tarifstruktur.
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FAQ - Geschichte der Schweizer Ärztetarife
Dieses FAQ erklärt, wie sich die ärztlichen Tarifsysteme in der Schweiz historisch entwickelt haben – vom freien Honorar bis zu modernen, einheitlichen Systemen.
1. Wie wurden ärztliche Leistungen historisch in der Schweiz bezahlt?
Historisch gesehen waren die Tarife der Ärzte flexibel und passten sich dem Portemonnaie der Klientinnen und Klienten an. Beispielsweise soll der Emmentaler Arzt Michael Schüppach für die Behandlung reicher Berühmtheiten einen rechten Batzen verlangt haben. Arme Mägde hingegen behandelte er möglicherweise auch für ein Ei oder einen Scheffel Korn (Vgl. vergiftetes Korn > Veitstanz).
2. Was führte zur Forderung nach einer einheitlichen Tarifstruktur?
Im 20. Jahrhundert herrschte bei den Arzttarifen ein tariflicher Wildwuchs. Die Revision des Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes (KUVG) von 1971 sah zwar erstmals eine einheitliche Tarifordnung vor, änderte aber zunächst wenig. Dies führte dazu, dass Ärzte in einigen Kantonen «auf Rosen», in anderen «fast auf Dornen gebettet» waren. Die Einführung des neuen Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) im Jahr 1996, das die Krankenversicherung für alle Einwohner:innen obligatorisch machte, hielt fest, dass Einzelleistungstarife auf einer gesamtschweizerisch vereinbarten einheitlichen Tarifstruktur beruhen müssen.
3. Was ist der TARMED und wie lange dauerte dessen Einführung?
Der TARMED (tarif médical) ist ein Leistungskatalog mit rund 4300 Positionen, der aus der Gesamtrevision Arzttarif (GRAT) hervorging, welche die FMH 1986 beschloss. Obwohl die Einführung ursprünglich für 1998 geplant war, bröckelte die Einigkeit der Verhandlungspartner (Krankenkassen, Ärztinnen und Ärzte sowie Spitäler). Die endgültige Genehmigung durch den Bundesrat erfolgte erst 2002, nach 16 Jahren zähen Ringens. Der TARMED wurde schliesslich am 1. Januar 2004 schweizweit eingeführt.
4. Welches moderne Tarifsystem soll den TARMED ablösen?
Heute muss die Abrechnung von Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nach dem TARMED erfolgen. Doch dieser soll bald vom TARDOC übernommen werden.
5. Welche Rolle spielte die FMH bei der Tarifgestaltung?
Die Mediziner:innen versuchten bereits früh, ihre Verträge mit den Krankenkassen gemeinschaftlich auszuhandeln. Im Jahr 1901 schlossen sie sich zur Verbindung Schweizerischer Ärztinnen und Ärzte (FMH) zusammen, um die Tarifinteressen der Ärzteschaft auf nationaler Ebene zu vertreten. Die FMH initiierte 1986 auch die Gesamtrevision Arzttarif (GRAT), aus der später der TARMED hervorging. Zudem legte die FMH in einer Dignitätserhebung fest, welche Fachärztinnen und -ärzte welche Leistungen abrechnen dürfen.
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